Als wir Xenophon 2006 gegründet haben, ging es uns vor allem um die negative Entwicklung der Dressur im internationalen Spitzensport. In dieser Hinsicht hat sich vieles getan. Natürlich gibt es auch heute noch schlechte Bilder. Aber längst nicht mehr in der Häufung, wie damals, als man mit Ziehen und Stechen Olympiasieger werden konnte. Dieses aggressive Reiten im großen Sport hat sich schon geändert. Auch weil die Öffentlichkeit zunehmend auf dieses Thema sensibilisiert ist.
Was mich persönlich heute noch sehr beschäftigt, ist jedoch der Umgang mit den jungen Pferden. Wir haben es ja jetzt bei der Vorauswahl zu Westfälischen Hauptkörung in Münster-Handorf gesehen, wo der Zuchtleiter die Ausbilder von Hengsten mit unnatürlichen Bewegungen und verkrampftem Springen explizit ermahnt hat und entsprechende Gegenmaßnahmen entwickelt wurden. Sehr notwendig und richtig, was die Münsteraner da gemacht haben! Aber ich bin unsicher, ob sich das letztendlich durchsetzt. Wir sehen immer noch Drei- und Vierjährige, die daher strampeln wie Achtjährige. Die Bewegungen sind häufig schon in diesem Alter nicht mehr natürlich losgelassen im Ablauf. Sicher, diese Pferde bieten das an. Aber es liegt am Reiter, das dann nicht anzunehmen bzw. zu forcieren. Das ist nicht im Sinne des Pferdes – und letztendlich auch nicht des Reiters. Denn diese Pferde mit dem Talent, die will man eigentlich sieben-, achtjährig auf dem Weg in den großen Sport wiedersehen. Tatsächlich kommt dann nur noch ein kleiner Teil dort an. Der physische und psychische Verschleiß ist hoch. Zu hoch. Sicher, mit strampelnden Youngstern lässt sich viel Geld verdienen. Und trotzdem muss man ihnen Zeit geben, zu reifen. Wir haben bei uns Drei- und Vierjährige, die von sich aus passageartige Tritte anbieten. Da muss man die Reiter unbedingt bremsen! Diejenigen Ausbilder, die das noch selbst dosieren können, sind unglücklicherweise selten geworden. Die ganz guten jungen Pferde, die sich leicht arbeiten lassen, sind heutzutage arme Teufel!
Da muss auch etwas an der Reiterausbildung getan werden. Insgesamt wird heute besser geritten als früher. Aber die Remonteausbildung ist eine spezielle Herausforderung. Sie ist schwierig und langwierig. Sie erfordert Geduld und spielt sich meist im stillen Kämmerlein ab. Viel Applaus gibt es da nicht. Auch habe ich den Eindruck, dass die Skala der Ausbildung heute zwar mitunter noch aufgesagt werden kann (manchmal nicht einmal das), aber was die einzelnen Punkte eigentlich bedeuten, wieso sie in dieser Reihenfolge stehen und nicht anders, das wissen nur noch wenige. Es ist so jammerschade, dass es einen Herrn Paul Stecken nicht mehr gibt. Der scheute sich stets, Reiter öffentlich zu kritisieren. Aber in einem Punkt war er deutlich: Die frühe Überforderung junger Pferde ist ein Verbrechen an den Tieren! Es gibt einfach zu viele Menschen mit viel Geld, aber wenig Ahnung vom Pferd, die einen Fünfjährigen sehen und denken, der könne ja schon bald Grand Prix gehen. Ein Pferd ist kein Werkstück, sondern ein individuelles, empfindliches Wesen, das man nicht einfach so formen kann. Vielfach wird der Reifegrad eines jungen Pferdes nicht mehr berücksichtigt. Auch hier sind die Richter gefragt, egal in welcher Kategorie. Da muss aufgeklärt werden und da muss man einen Punkt setzen!
Klaus Balkenhol