Vor genau einem Jahr hatte St.GEORG das Thema aufgebracht, ob internationale Dressurprüfungen auch auf Kandare geritten werden dürfen sollten. Damals erklärte der oberste Richter des Weltreiterverbandes FEI, man sei gerade dabei, die Ausrüstungsgegenstände und Zäumungen international zu überprüfen. Das Ergebnis steht nun fest: In CDI1* und 2* dürfen die Reiter nun wählen, ob sie auf Trense oder Kandare reiten wollen. Eine grundsätzlich sinnvolle Sache! Die Pferde sollten auf Trense selbstverständlich genauso durchlässig sein wie auf Kandare. Und so manches moderne Sportpferd hat ein so kleines Maul und ist so leicht im Genick, dass ihm die zwei Gebisse im Maul unangenehm sind. Für diese Pferde ist es ein Segen, wenn sie auf Trense gehen dürfen. Allerdings stellt sich dann die Frage, warum nur in der kleinen Tour und nicht auch bis Grand Prix. Denn das sind Probleme, an denen sich auch mit zunehmender Ausbildung nur wenig verändern lässt.
Es sei denn – und hier kommen wir zu dem Aber in der Beschlussfassung – die Trense kaschiert ein grundsätzliches Problem, zum Beispiel eine zu harte Hand des Reiters, deren fehlerhafte Einwirkung beim Reiten auf Kandare noch deutlicher wird als beim Reiten auf Trense. Und in diesem Fall ist es wiederum wünschenswert, dass der Reiter auf Kandare demonstriert, dass er mit dem Stangengebiss umgehen kann und sein Pferd trotzdem vertrauensvoll zur Hand hin zieht und das Gebiss willig annimmt. Nicht wenige namhafte Ausbilder sehen das so, beispielsweise Kyra Kyrklund, die sagt: „Pferde, die ein Problem auf Kandare haben, haben in Wahrheit in der Regel ein Problem mit den Händen des Reiters.“ Oder Richterin Angelika Frömming: „Heute wird viel zu viel an der Zäumung herumgefummelt, statt an der Durchlässigkeit zu arbeiten.“ Thies Kaspareit, der Leiter der Abteilung Wissenschaft bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), sagt: „Die Kandare dient der Verfeinerung der Hilfen, so wie auch die gesamte Dressurreiterei ausgerichtet sein soll. Grobes Reiten auf Kandare gehört geahndet. Aber das hat nichts mit der Zäumung, sondern mit dem Reiten zu tun.“
Andere wie z.B. Xenophon-Mitglied Ingrid Klimke freuen sich, wenn sie die Gelegenheit haben, eine S-Dressur auf Trense zu reiten. Die Reitmeisterin begründet das damit, dass sie ihre Pferde „sowieso lieber und öfter auf Trense ausbildet“. Und auch Mannschaftsolympiasiegerin Dorothee Schneider unterstreicht: „Da ich gerne auf Trense ausbilde, bin ich für die Wahlfreiheit.“
Unserer Meinung nach, bleibt vor allem festzuhalten, dass es Aufgabe der Richter ist, zu erkennen, ob ein Pferd willig und vertrauensvoll an das Gebiss herantritt, egal, ob auf Trense oder Kandare. Und es ist die Aufgabe des Reiters, die Kandare tatsächlich zur Verfeinerung seiner Hilfen einzusetzen – etwas, was aber grundsätzlich auch auf Trense möglich sein sollte!