Um dieser Falle zu entgehen, veranstaltete die Reitabteilung des PST Trier auf der Reitanlage Monaise ein Seminar über die „Biomechanik des Pferdes als Grundlage jeder pferdegerechten Ausbildung“ mit Wolfgang Kutting, Grand Prix Richter, Xenophon e.V Regionalvertreter von Rheinland-Pfalz, erfahrener Ausbilder im In- und Ausland und vor allem selbst bis in die höchsten Klassen erfolgreich als Reiter unterwegs. Und so eröffnete Wolfgang Kutting mit den obigen Worten das Tagesseminar, zu dem sich an jenem Herbstsonntag eine für die Region Trier und Umgebung doch ansehnliche Zahl von Interessierten eingefunden hatte.
Die Basis: Kenntnisse zur Anatomie und Biomechanik des Pferdes
Warum der wohlmeinende Reiter mit der Anwendung immer gleicher Methoden nicht immer zum Ziel kommt findet seine Antwort oftmals in biomechanischen Zusammenhängen, die nicht unbedingt allen, die sich aufs Pferd schwingen, immer bekannt sind. Kutting versuchte auf seine dynamische Art Licht ins Dunkel zu bringen. Er fing an bei der Brückenkonstruktion des Pferdekörpers , die er anschaulich mit einem selbstangefertigtem Bogen demonstrierte. Zudem zitierte er Francois Baucher’s „das Genick ist das Tor zur Hinterhand“ und machte erhellende Ausführungen über den Jochfortsatz des Hinterhauptbeins, den „Processus Paracondylaris“ und seine Auswirkung auf die Flexibilität des Genicks und der Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit ein Pferd zu stellen, wenn jener aufgrund einer Hyperflexion im ersten Genickwirbel arretiert und dadurch in seiner natürlichen Funktionsweise beeinträchtigt wird. Besondere Aufmerksamkeit erregten sein Vortrag über die Multifidi-Muskeln an der Wirbelsäule und ihre Aufgabe als psychosensorische Übertragungsstation zwischen Mensch und Pferd, um an dieser Stellen nur einige Beispiele zu nennen.
Herr Kutting erläuterte die vielleicht trocken anmutende Materie mit viel Enthusiasmus und Humor, schmückte seine Erläuterungen immer wieder mit Erfahrungen aus seiner eigenen Praxis als Richter, Ausbilder oder Reiter aus und machte es dem Publikum durch seinen kurzweiligen Vortragsstil leicht ihm zu folgen.
Nach der Mittagspause ging es weiter mit dem Teil der praktischen Demonstration. Vier Reiterinnen vom PST Trier hatten sich mit ihren Pferden zu Verfügung gestellt. Die Bandbreite der Pferde war erheblich: vom jüngeren Springpferd zum erfahrenen Springveteranen , vom auf Kandare vorgestelltem Haflinger auf M- zum lektionensicheren Trakehner auf S-Niveau. Wolfgang Kutting erläuterte in der Praxis anhand des jeweiligen Reiter-Pferdepaares die vorher in der Theorie angesprochenen Zusammenhänge. Dabei band er ständig das Publikum mit ein, bat um Einschätzung des Gesehenen und versuchte durch gezielte Hinweise für den Reiter die Elastizität und das Bewegungspotential eines jeden Pferdes zu verbessern. Die Zuschauer waren mit großer Aufmerksamkeit dabei. Es herrschte ein reger Dialog mit Herrn Kutting, der auch für kritische Anmerkungen offen war. Für die Reiter war die Präzision, mit der die jeweiligen Hilfengebung zum richtigen Zeitpunkt von Wolfgang Kutting angesagt wurde, sehr hilfreich. Besonders häretisch, weil abweichend von althergebrachten hippologischen Glaubenssätzen, dafür aber effektiv, war das Leichttraben auf dem sogenannten „falschen Fuss“ mit entsprechender Parade auf das stützende Hinterbein. Die Wirkung war bei allen Probanden enorm. Der Trab gewann zusehends an Schwung und Dynamik.
Trotz der herbstlichen Temperaturen blieben alle Teilnehmer bis zum Schluss mit konzentrierter Aufmerksamkeit dabei. Es war überdeutlich, dass Wolfgang Kutting über eine große Erfahrung als Ausbilder verfügt und ein inspirierender Reitpädagoge ist.
Das Echo nach der Veranstaltung lautete einstimmig: Gerne wieder!
Die Reitabteilung des Hofguts Monaise freut sich auf eine weitere Zusammenarbeit mit Wolfgang Kutting und hat ihn bereits für einen Dressurlehrgang im Januar 2016 eingeladen.
(mit freundlicher Genehmigung von Katharina Graeper)