Traversalen zählen zu den anmutigsten und schönsten Lektionen des Dressursports. Leider gibt es schon seit einigen Jahren eine Tendenz, vor allem für weites Kreuzen der Beine hohe Noten zu geben und alle anderen Kriterien wie beispielsweise Stellung und Biegung auszublenden. Das Resultat: Viele Reiter leiten die Traversalen aus einem an Mitteltrab grenzenden Tempo ein. Die Pferde stehen so unter Spannung, dass es ihnen unmöglich gemacht wird, die Lektionen korrekt gestellt und gebogen zu absolvieren. Die Selbsthaltung der Pferde geht verloren, die Reiter sitzen gegen die Bewegung und tricksen sich irgendwie durch die Lektion – nicht weil sie es nicht besser könnten, sondern weil es das ist, was die Richter sehen wollen. Hauptsache rüber, Hauptsache hoch das Bein. 
Das gibt hohe Noten! Warum? Das fragen wir uns! Haben die Richter den Blick dafür verloren, wie eine korrekt gerittene Traversale aussieht?


Hohe Noten gibt es trotzdem. Warum? 

Nicht umsonst werden die Traversalen im Grand Prix doppelt bewertet. Korrekt geritten, zeigen sie das komplexe Zusammenspiel zwischen richtig getimten Reiterhilfen und Biomechanik des Pferdes. Ein losgelassener versammelter Trab in natürlicher Kadenz ermöglicht es dem Pferd, in den Gelenken verstärkt einzufedern. Dann hat der Reiter die Chance, das Pferd durch die Kombination aus korrekter Gewichtsverlagerung, dem Vorwärtsimpuls des inneren Schenkels und dem verwahrenden äußeren Zügel in die gewünschte Vorwärts-Seitwärts-Bewegung zu lenken, ohne dass Takt und Schwung verloren gehen.

Aber eben auch ohne vorher „Schwung holen“ zu müssen. Traversalen sind nur ein Beispiel für diverse Lektionen, die zugunsten hoher Noten pervertiert und trotzdem hoch bewertet werden. Korrekt geritten, hat jede Lektion einen gymnastizierenden Effekt, der das Pferd kräftiger, geschmeidiger, beweglicher, ausbalancierter macht – unter dem Strich also gesünder. Show-Lektionen sind reiner Selbstzweck. Sie werden traurigerweise hoch benotet, gehen aber auf Kosten der Gesundheit des Pferdes.