Seit zehn Jahren vergibt Xenophon den Sonderehrenpreis für pferdegerechtes Abreiten. Und wie der Zufall es will, feiert auch das Turnier, bei dem die Preisvergabe Premiere feierte, dieses Jahr Jubiläum: der Reitclub Gut Keuschhof in Köln. Das Turnier im Juni war also ein Grund zu feiern. Wir waren die ersten, die fanden, dass nicht allein diejenigen ins Rampenlicht gestellt werden sollten, die in der Siegerehrung ganz rechts stehen, sondern auch diejenigen Reiter, die hinter den Kulissen ganz vorne sind in Sachen Fairness zum Pferd. Wenn beides zusammenkommt, umso besser! Inzwischen hat der Xenophon-Preis Nachahmer gefunden, z.B. mit dem BMEL-Tierschutzpreis beim Bundeschampionat in Warendorf. Anfangs begegneten viele Richter und Veranstalter dem Xenophon-Sonderehrenpreis mit einer großen Portion Skepsis. Aber inzwischen ist er etabliert und allgemein anerkannt, so dass wir immer wieder eingeladen werden.

Ziel erreicht: Auf dem Abreiteplatz herrscht Sonnenschein?

Wer den Sport über Jahre verfolgt hat, wird feststellen, dass sich tatsächlich etwas getan hat auf den Abreiteplätzen. Es wird mehr kontrolliert – die seit 1. Januar gültige LPO schreibt für jeden Abreiteplatz eine Aufsicht vor –  und das anhand eines durchdachten Kriterienkatalogs, den die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) herausgegeben hat. Tatsächlich scheint es weniger Reiter zu geben, die auf dem Abreiteplatz offen aggressiv zu Werke gehen.

Alles schön also oder zumindest auf einem guten Weg! Wirklich? Man fragt sich schon, was es für eine traurige Welt ist, in der gutes Benehmen gegenüber dem Pferd keine Selbstverständlichkeit mehr ist, sondern preisverdächtiges Verhalten. Eine Entwicklung, die sich schleichend im Pferdesport etabliert hatte, rückte mit dem St.GEORG-Artikel „Dressur pervers“ 2005 schlagartig ins Licht der Öffentlichkeit und ist seitdem ständiges Thema – nicht nur zum Nutzen der Pferde übrigens. Denn nicht jedes Pferd, das die Nase vor der Senkrechten hat, wird pferdegerecht geritten … Es geht immer darum, das Gesamtbild von Reiter und Pferd zu betrachten. Zufriedenheit des Pferdes lässt sich nicht in Zentimetern messen.

Was wir uns wünschen…

Wir wünschen uns auf den Vorbereitungsplätzen noch mehr gut ausgebildete Richter mit Horsemanship und Chuzpe, die sich trauen, Reitern auf die Finger zu klopfen, wenn sie ihre Pferde drangsalieren. Denn so lobenswert es auch ist, mit Sonderpreisen die Menschen zu ehren, die ungeachtet potenzieller Schleifen vor allem Wert auf faires Reiten legen, es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Mehrzahl der Reiter orientiert sich daran, was Erfolg verspricht. Es sind also die Prüfungsrichter, die es in der Hand haben, wie die Pferde geritten werden. Nun erlauben die wenigen Minuten im Viereck oder im Parcours in vielen Fällen aber nur unzureichende Rückschlüsse darauf, wie der Reiter hinter den Kulissen zu Werke geht. Darum plädieren wir dafür, nicht nur eine Prüfungsnote zu geben, sondern auch eine fürs Abreiten. Denn vielfach sind Ungerechtigkeiten gegenüber dem Pferd gar nicht das Resultat böser Absicht, sondern schlichter Unwissenheit. Wir brauchen einen Anreiz, damit schon Kinder und Jugendliche wieder in allen Belangen rund ums Pferd geschult werden. Horsemanship muss Bestandteil des Reitunterrichts sein, schon von der ersten Stunde an. Und auf dem Turnier muss das entsprechend abgeprüft und honoriert werden, nicht nur in der Prüfungssituation, sondern auch auf dem Abreiteplatz. Sonst kommt es leider weiter zu Bildern und Diskussionen rund um den Vorbereitungsplatz, wie gerade wieder einmal beim CHIO in Aachen.