5-Sterne-Richter-ralf-törnblad

Der dänische Fünf-Sterne-Richter Leif Törnblad hat sich in einem Interview mit dem australischen Magazin The Horse zu der Reitweise führender holländischer Dressurreiter geäußert. Daraufhin drohte der niederländische Pferdesportverband KNHS mit einer Klage. Der Nationaltrainer der holländischen Dressurreiter, Rien van der Schaft, befürchtet so, wie Leif Törnblad über das Reiten von Anky van Grunsven, Edward Gal und Hans Peter Minderhoud gesprochen hat, könne er diese nicht mehr objektiv im Viereck beurteilen. Einem Fünf-Sterne-Richter stehe es nicht zu, sich öffentlich negativ über Reiter zu äußern.

Die holländische Reiterei ist für Törnblad jedoch eigentlich nur der Aufhänger für eine grundsätzliche Diskussion über das Richten als solches. Leif Törnblad beklagt, dass es keine klare Linie gibt, in der Art und Weise, was wie zu bewerten ist. Er sagt: „Es geht nicht, dass die Niederländer sagen, ,Wir mögen die Dressur so’, die Schweden ,Wir wollen es so!’ und die Deutschen ,Das wollen wir nicht, wir wollen das’. Wir müssen uns darauf verständigen, was wir wollen.“

Dressurreiten ist nicht schwarz oder weiß

Der Interviewer wies an dieser Stelle darauf hin, dass das Richten von Dressurprüfungen keine subjektive Angelegenheit sei, bei der der persönliche Geschmack entscheidet, sondern dass es Standards gibt, die vom Weltreiterverband FEI in den Leitlinien für die Richter festgelegt worden sind, und an denen die Offiziellen sich zu orientieren haben. Ein berechtigter Einwand. Aber: Dressurreiten ist nicht Schwarz oder Weiß. Um ein Beispiel von Leif Törnblad zu nennen: Was ist schlimmer? Ein Pferd, das mit dem Gebiss spielt oder eines, bei dem der Nasen- bzw. Sperrriemen so enggezurrt ist, dass es das gar nicht mehr kann? Die Antwort scheint eindeutig zu sein, ist es aber nicht, wie man auf Turnieren immer wieder sehen kann. Die Richterei hat an Akzeptanz eingebüßt. Das liegt unter anderem an den zum Teil eklatanten Unterschieden in der Bewertung einzelner Ritte. Also braucht es wohl „Diktatoren wie (Gustaf) Nyblaeus oder (Eric) Lette“, wie Törnblad fordert, die vorgeben, wie zu richten ist.

Der Niederländische Pferdesportverband (KNHS) will Törnblad verklagen, weil der sich angemaßt hat, seine Meinung zum Reitstil einzelner Reiter zu äußern (Anmerkung d. Redaktion: Zwischenzeitlich hat der KNHS Klage bei der FEI eingereicht). Was bedeutet das eigentlich? Kann man einem Richter verbieten, zu sagen, was er denkt? Zumal das in keinster Weise beleidigend oder despektierlich geschehen ist? Wohl kaum! Vielmehr erscheint uns die Drohung des KNHS eine unzulässige Einflussnahme eines Verbandes zu sein. Hier zeigt sich eine große Respektlosigkeit gegenüber einem Offiziellen, dem man unterstellt, nicht in der Lage zu sein, das zu richten, was er im Viereck sieht. Fraglich, ob er durch den Druck einer Anklage objektivere Urteile fällen kann. Die heftige Reaktion des Verbandes riecht nach „Getroffene Hunde beißen“. Aber wer Kritik vom Tisch fegt, nimmt sich die Chance, daran zu wachsen. Das gilt in diesem Fall sowohl für die Reiter als auch für den Verband.

Der Beitrag ist in der Ausgabe 11/2017 der St. GEORG, S. 85 in der Rubrik „Xenophon Aktuell“ erschien.

Update: Am 9. November wurde bekannt, dass die FEI den Leif Törnblad bis zum Ende des Jahres seines Amtes als Richter enthoben hat. Als Begründung führte man an, dass Törnblad mit seinen Äußerungen über holländische Dressurreiter gegen Artikel 2 des Codex für FEI Dressurrichter verstoßen habe.