Wir blicken auf ein bewegtes Pferdesportjahr 2015 zurück. Einige Entwicklungen haben uns große Freude gemacht. Beispielsweise der Kriterienkatalog der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), der verdeutlicht, welches reiterliche Verhalten fair und gut ist, was grenzwertig und was im roten Bereich ist. Damit wurde Reitern und Aufsicht führenden Richtern eine wirksame Hilfestellung an die Hand gegeben. Auch dass die ursprüngliche Xenophon-Idee, einen Preis für gutes Abreiten zu vergeben, von der FN aufgegriffen und zusammen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein Forum wie das Bundeschampionat dafür gefunden wurde, begrüßen wir.

Das Desaster von Aachen

Xenophon: Aggressives Reiten – es geht alle an!

Aggressives Reiten – es geht alle an!

Die Europameisterschaften in Aachen waren das sportliche Highlight 2015. Man hatte gehofft, es würde ein Sommermärchen werden, wie einst die Weltreiterspiele 2006. Doch es kam anders. Nicht etwas, weil aus dem anvisierten Dressurgold „nur“ Bronze wurde, sondern weil der lahmende Totilas alles andere überschattete. Der Dressurausschuss im DOKR hatte hoch gepokert, dieses Pferd zu nominieren. Das war der erste Fehler. Ihn antreten zu lasen, was der zweite. Sicher, man will nicht gesehen haben, dass der Hengst unklar ging. Die Pferdewelt für dumm verkaufen zu wollen, war der dritte. Das Bild dieses ehrlichen Pferdes bei der letzten Grußaufstellung seiner Karriere – hängender Kopf, das Hinterbein entlastend – hat Eindrücke hinterlassen, die dem Image des Sports schaden.

Sjef Jannsen und die Mär der überarbeiteten FEI-Richtlinien
Das gilt auch für die Sache mit Edward Gals Undercover, der wegen Blut am Maul abgeklingelt wurde. Dazu die Facebook-Fotos von Zuschauern, die Gal beim Training zeigen, wie er sein Pferd mit extremer Kopf-Hals-Einstellung arbeitet. Der Weltreiterverband (FEI) will nun die Richtlinien für die Stewards überarbeiten, also auch die sog. „Zehn- Minuten-Regel“, nach der Hyperflexion in diesem Zeitraum erlaubt ist. Wie kann eine derartige Überarbeitung aussehen, wenn mit dem Niederländer Sjef Janssen ein bekennender Verfechter dieser Trainingsmethode mit im federführenden Gremium sitzt? Wir vermissen eine klare Linie pro Pferd, sowohl beim Weltreiterverband FEI als auch bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).

Der Reitsport soll olympisch bleiben. Wir wollen fairen Sport sehen und keine gequälten, unzufriedenen Pferde. Warum nimmt man sich dann kein Beispiel an der Schweiz, wo Hyperflexion verboten wurde? Warum ist das nicht auch in Deutschland und auf internationalen Turnieren möglich? Der Schweizer Verband sorgt sich um das Image des Reitsports. Aber der Kern ist doch, dass diese Verordnung ein Schritt in Richtung fairerer Sport ist. Daran sollten sich Verantwortliche und Funktionäre ein Beispiel nehmen! Apropos Beispiel: Sicherlich können die international erfolgreichen Springreiter mit Schlaufzügeln umgehen. Aber sie sollten auch bedenken, dass sie Vorbilder für nachfolgende Generationen sind und mit gutem Beispiels vorangehen müssen…