Anlass dieser Stellungnahme ist die per Video belegte Anwendung des Schlaufzügels durch Herrn Kukuk in Verona.

Der Schlaufzügel ist nach unserer Meinung kein Hilfszügel, sondern ein Korrekturzügel, mit dem bei völlig verrittenen Pferden das Verständnis für eine vertrauensvolle Anlehnung wieder hergestellt werden kann, wenn es auf anderen Wegen nicht mehr geht. Daher ist der Einsatz des Schlaufzügels auf einem Turnier per se unangebracht.

Solange der Schlaufzügel nur als Korrekturzügel in der Arbeit zu Hause eingesetzt wird und dem Pferd nur die Position der Kopf-Hals-Haltung nach oben begrenzt, ist seine Verwendung auch gem. Richtlinien Band 2 weitgehend akzeptabel. Leider ist er mehr oder weniger „hoffähig“ geworden und wird zumeist missbräuchlich eingesetzt.

Entscheidend ist, dass der Schlaufzügel nicht zum Beizäumen bzw. zum zwangsweisen Herstellen einer gewollten Kopf-Hals-Haltung nach vorwärts-abwärts oder in Richtung absolute Aufrichtung missbraucht wird.

Wie der Schlaufzügel nicht verwendet werden darf

Im ersten Fall (Beizäumen) wird ein Reiten „von vorne nach hinten“ praktiziert, weil das Pferd in etwa den doppelten Druck im Maul verspürt im Vergleich zum Druck in der Reiterhand. (s. Abb. 1) Damit entspricht die (erzwungene) Anlehnung nicht dem Maß der treibenden Hilfen (von hinten nach vorne).

Abb. Prof. H. Preuschoft

Abb. 1: Prof. H. Preuschoft


Beim Herunterzeihen des Pferdekopfes bringt man das Pferd zwangläufig auf die Vorhand und es kann seine nun eingeschränkte Schubkraft nicht mehr über den Rücken nach vorne umsetzen. Erfolgt keinerlei Dehnungsbereitschaft, ist das Pferd in sich völlig verspannt, kann weder durchschwingen (im Trab) bzw. durchspringen (im Galopp) (s. Abb. 2)

Abb. 2 Paalmann, Springreiten, Kosmos Verlag

Abb. 2: A. Paalmann, Springreiten, Kosmos Verlag

 


Bleibt das Pferd in (absoluter) Aufrichtung, arbeiten die Hinterbeine hinten heraus, der Rücken wird zwangsläufig gesenkt und damit keine Losgelassenheit und Tragfähigkeit erreicht (s. Abb. 3)

Abb 3.: Ludwig Koch, Die Reitkunst im Bilde, Olms-Verlag

Abb 3.: Ludwig Koch, Die Reitkunst im Bilde, Olms-Verlag


Einordnung der Videosequenz aus Verona

Die dokumentierte Verwendung des blanken Schlaufzügels durch Herrn Kukuk auf dem Vorbereitungsplatz in Verona ist u.a. deshalb sehr kritikwürdig, weil das Pferd in sehr enger Halsung blieb, daher kaum Durchsprung über den Rücken im Galopp zustande kam, das Pferd in deutlicher Verspannung keinerlei Dehnungsbereitschaft zeigte, aber ständig die doppelte Zügelkraft im Maul verspüren musste. Die extrem unruhige Zügelführung mit den deutlichen Armbewegungen des Reiters hat einen zweifelsfrei schmerzhaften Einfluss auf Maul und Zunge gehabt, wenn man bedenkt, dass die Zunge der schmerzempfindlichste Muskel des Pferdes ist. Hinzu kommt die unruhige Sitzposition des Reiters in der hinteren Sattelhälfte. Darunter ist die empfindlichste Stelle des Pferderückens, weil dort die Dornfortsätze der hinteren Brust- und der Lendenwirbel nach vorne geneigt sind.
Solch ein Reiten ist nicht pferdegerecht und verstößt damit gegen den 8. Ethischen Grundsatz der Pferdefreunde, nach dem solch ein Reiten „zu ahnden“ ist.

Xenophon positioniert sich dahingehend, dass der Gebrauch des Schlaufzügels auf einem Turnier grundsätzlich nicht geduldet werden kann, weder national (ab Kl. M**) noch international. Auch wird das international erlaubte Springen mit Schlaufzügeln völlig abgelehnt, weil dem Pferd dadurch die Sicht auf den Sprung bis kurz vor dem Absprung verwehrt wird. Ein Pferd kann oberhalb seiner Augen nichts sehen, daher benötigt es die Freiheit, vor dem Sprung seinen Kopf heben zu können, um trotz seiner optischen Nachteile (im Vergleich zum Menschen schlechtere Scharfsicht, schlechteres Distanzsehen, Unfähigkeit der Umstellung Nah-/Fernsicht) die Entfernung und Höhe des Sprunges rechtzeitig wahrnehmen zu können.

Das Xenophon-Mitglied Martin Plewa kann für sich in Anspruch nehmen, schon vor ca. 40 Jahren den Anstoß gegeben zu haben, den Schlaufzügeleinsatz auf Vielseitigkeitsturnieren zu untersagen. Der Vielseitigkeitsausschuss hat dieses sofort unterstützt und der damalige Ausschußvorsitzende Dr. Bernd Springorum hat als Vice-Chairman des FEI-Ausschusses das zeitnah international umgesetzt. Die Disziplin Dressur ist dem Beispiel gefolgt, nur der Springsport bis heute nicht, weder national noch international.

Dem Fachmann/ der Fachfrau bleibt dies unerklärlich, insbesondere in der heutigen Zeit, in der alle Pferdesport- und zuchtverbände sich ganz besonders darum bemühen müssen, sich glaubwürdig als die kompetentesten Bewahrer des Pferdewohls zu beweisen.