Vom 4. bis 7. November findet in Hongkong die FEI-Generalversammlung statt, bei der die Anschlussverbände über zahlreiche Regelanpassungen abstimmen. Dazu zählt unter anderem die Blutregel im Springsport. Es ist ein Thema, das hohe Wellen schlägt – zu Recht.

Wie bereits anlässlich des FEI Sport Forums im April berichtet, hat der International Jumping Riders Club (IJRC) vorgeschlagen, die derzeit gültige Regelung zum Umgang mit Blut am Pferd zu verändern. Aktuell ist es so, dass Blut am Pferd zum Ausschluss führt. Immer. Dies ist der Grund, weshalb bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris das brasilianische Team geplatzt ist. Beim Pferd Nimrod von Pedro Veniss war bei der Pferdekontrolle Blut an der Flanke gefunden worden. Regelkonform wurde Veniss ausgeschlossen, was gleichbedeutend mit dem Ende des olympischen Traums für das Team war, denn bekanntlich gibt es bei Olympia kein Streichergebnis mehr. Das finden die Springreiter unfair.

Vorschlag zur Änderung der Blutregel

Der Vorschlag zur Regeländerung war nun vom irischen Verband vorgebracht worden. Man wünscht sich ein Verwarnsystem, bei dem „eine geringe Menge Blut natürlichen Ursprungs“ nicht automatisch zum Ausschluss führt. Ganz im Gegenteil. Handelt es sich um eine Blutung, die durch einen Insektenstich verursacht wurde, aber auch durch einen versehentlichen Biss auf Zunge oder Lippe, solle der Richter entscheiden, ob der Reiter das Blut abwischen bzw. abwaschen und weiterreiten dürfe. Die Richter sollten aber ebenso entscheiden können, das Paar auszuschließen, wenn die Blutung nicht zum Stillstand kommt oder sie das Wohlergehen des Pferdes in anderer Weise gefährdet sehen.

Hat man es mit einer geringgradigen Blutung durch reiterliche Einwirkung zu tun, soll es ein Verwarnsystem geben. Bei der zweiten Verwarnung innerhalb von 12 Monaten erwartet den Reiter eine Strafe. Blutungen, die nicht mehr als geringfügig eingestuft werden, sollen zum Ausschluss führen.

Reaktionen

Der International Jumping Riders Club unterstützt die Eingabe der Iren natürlich. Die Argumente pro Verwarnsystem sind ähnlich, wie die, die im Frühjahr beim Sportforum vorgebracht wurden: Es gehöre zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass das Strafmaß sich nach der Schwere der Schuld richten müsse. Von daher könne eine „Mikroläsion“ nicht in gleicher Weise betrachte werden wie eine Wunde, die durch Misshandlung bzw. exzessiven Sporengebrauch zugefügt wurde.

Im Frühjahr hatte der IJRC zudem angebracht, dass dem Image des Sports schade, Ausschlüsse wegen Bluts am Pferd zu haben, das erwecke den Anschein, als sei das Wohlergehen der Pferde in Gefahr, obwohl es eigentlich nur um eine „Mikroläsion“ geht. In der jetzigen Fassung seiner Argumentation formuliert der IJRC es wie folgt:

„Heutzutage scheinen alle Eliminierungen ein Tierschutzproblem oder Pferdemissbrauch zu sein, mit katastrophalen Folgen für das Image unseres Sports.“

Formulierung der neuen Regel

Die FEI hat den Punkt zur Abstimmung freigegeben und folgende Formulierung der neuen Regel vorgeschlagen:

259.1 Geringfügige Blutungen aus natürlichen Gründen

In Fällen, in denen die Offiziellen die Blutung eines Pferdes als geringfügig und auf natürliche Ursachen zurückzuführen erachten (z. B. wenn ein Pferd sich offenbar leicht in die Zunge oder Lippe gebissen hat oder von einem Insekt gestochen wurde), können die Offiziellen das Abspülen oder Abwischen des Blutes genehmigen und dem Reiter-/Pferdpaar die Fortsetzung des Wettkampfs gestatten. Die Offiziellen können jedoch das Reiter-/Pferdpaar disqualifizieren, wenn die Blutung anhält oder die Offiziellen Bedenken hinsichtlich des Wohlergehens des Pferdes haben. Der Reiter erhält keine Verwarnung, wenn dieser Artikel Anwendung findet.

 259.2 Vorbehaltlich Art. 259.1 gilt, führt jede geringfügige Blutung am Pferd zu folgenden Sanktionen:

 Erster Verstoß – Verwarnung
Zweiter Verstoß – Verwarnung

 Sollte dieselbe verantwortliche Person zwei oder mehr Verwarnungen bei derselben oder einer anderen Veranstaltung innerhalb von 12 Monaten nach Erteilung der ersten Verwarnung erhalten, wird gegen die verantwortliche Person eine Geldstrafe von CHF 1’000 verhängt und sie wird automatisch für einen Zeitraum von einem Monat gesperrt, wobei diese Sperre am Tag nach dem letzten Tag der Veranstaltung beginnt, bei der die zweite Verwarnung erteilt wurde. Der FEI-Generalsekretär benachrichtigt die verantwortliche Person und bestätigt das Datum der Sperre. Um es klarzustellen: Die Zustellung der Benachrichtigung durch den Generalsekretär nach Beginn der Sperre soll in keiner Weise die Gültigkeit oder den Beginn der Sperre verschieben.

 259.3 Jegliches Blut am Pferd, das die Offiziellen nicht als geringfügig erachten, führt zur Disqualifikation oder zum Ausschluss und kann auch zu einem separaten Disziplinarverfahren wegen Misshandlung des Pferdes führen.

Kommentar

Dass diese Regel schon nächste Woche zur Abstimmung kommt, hat zu recht medial hohe Wellen geschlagen. Die Dressurstudien haben eine Petition veröffentlicht, mit der man sich für den Erhalt der jetzigen Regel einsetzen kann. Die FN scheint ihre Ansicht inzwischen auch geändert zu haben. Abweichend vom oben erwähnten Kommentar, hat der Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, Martin Richenhagen, gegenüber den Dressurstudien beteuert, Deutschland werde gegen den Vorschlag stimmen.

Zugegeben, ein Ausschluss, weil eine Bremse sich beim Pferd bedient hat und einen Blutstropfen hinterlassen hat, erscheint hart. Aber wie oft passiert das? In aller Regel entstehen Verletzungen durch das Equipment, meist in Zusammenhang mit reiterlichen Hilfen. Und das ist ein No Go und muss es auch bleiben, egal wie klein die Verletzung ist.

Die Reiter müssen sich von vornherein darüber im Klaren sein, dass zu harsche Einwirkung massive Konsequenzen hat. Anders als der IJRC es darstellt, geht es hier nicht nur um die Verhältnismäßigkeit zwischen Vergehen und Strafe. Hier geht es auch um die abschreckende Wirkung. Denn das ist die Kernaufgabe des Regelwerks: Es muss die Pferde schützen. Und Konsequenzen, die den Reitern wirklich weh tun, wie Veniss sie in Paris erlebt hat, sind abschreckend und damit ein wirksamer Schutz.

Was das zweite Argument des IJRC angeht, dass die Ausschlüsse wegen Bluts dem Image des Sports schaden – einen größeren Bärendienst hätte die Interessensvertretung der Reiter dem Sport nicht tun können, als mit diesem Vorschlag um die Ecke zu kommen. Denn das erweckt den Anschein, als sei das Wohlergehen der Pferde für sie zweitrangig. Blut am oder gar im Maul – oder auch im Sporenbereich – ist nie eine Lappalie. Und dass die FEI das Thema zur Abstimmung bringt, führt den selbstgewählten Leitsatz „The Welfare of the Horse is paramount“ ad absurdum.

Xenophon lehnt eine Änderung der Regel mit aller Entschiedenheit ab! Wir hoffen sehr, dass die deutsche FN handelt, wie Präsident Richenhagen angekündigt hat und gegen den Vorschlag stimmt. Richenhagen im jüngsten FN-Statement: Inzwischen hat Präsident Martin Richenhagen ein Statement veröffentlicht, in dem er ankündigt, dass die FN gegen den Vorschlag stimmt und sagt: „Für die FN steht das Wohl des Pferdes im Mittelpunkt allen Handelns. Diese Regeländerung passt nicht zu diesem Grundsatz.“

Die österreichische FN um die Präsidentin und Dressurolympiasiegerin Elisabeth Max-Theurer hat sich diesbezüglich ebenfalls bereits positioniert. Max-Theurer erklärte gegenüber Eqwo.net: „Das Wohl des Pferdes steht über allem. Blut im und am Maul oder an den Flanken durch Sporen muss aus meiner Sicht eindeutig einen sofortigen Ausschluss zur Folge haben. Bei Blutspuren an anderen Körperstellen, die etwa durch Insektenstiche entstehen können, soll die Beurteilung durch den zuständigen Tierarzt erfolgen. Entscheidend ist: Die Regel muss für alle Pferde gleich angewendet werden – unabhängig von der Disziplin – und ohne Ausnahmen. Der Schutz und das Wohlergehen der Pferde muss immer an erster Stelle stellen.“

Damit spricht sie ein weiteres Thema an, das aber nicht zur Abstimmung kommen wird, denn Schweden hatte vorgeschlagen, dass wichtige Regeln, die das Wohlergehen und den Schutz der Pferde betreffen vereinheitlicht werden sollen. Doch unter anderem die FEI ist derzeit noch dagegen.