Der Reiterhof Loop in Schleswig-Holstein war Ende April Gastgeber eines PM-Seminars „Erarbeiten von Dressurlektionen der Klassen A bis M“ mit der Grand Prix-Ausbilderin, S-Richterin, Sportwissenschaftlerin und Fachbuchautorin Karin Lührs. Rund 60 Pferdefreunde waren gekommen und haben erlebt, wie die stellvertretende Vorsitzende von Xenophon e.V. mit fünf Pferden und Reiterinnen gearbeitet hat.
Damit alle Anwesenden dem Praxisteil mit dem nötigen Hintergrundwissen folgen konnten, hatte Lührs ihren Unterrichtseinheiten allerdings zunächst eine theoretische Einführung in die klassische Ausbildung von Reitern und Pferden vorangestellt. Sie erläuterte, wie die Skala der Ausbildung des Pferdes, die des Reiters und die für den Ausbilder aussehen und wie sie zusammenhängen. Außerdem ging sie spezifisch auf das Thema des Seminars ein, erläuterte, welches die Schlüssellektionen in den Klassen A bis M sind, wie sie sich in die Skala der Ausbildung einfügen und dementsprechend logisch aufeinander aufbauen.

Glückliche Gesichter bei Ausbilderin Karin Lührs und ihren Schülerinnen Dr. Friederike Achterberg und Lynn Schierloh auf Carolina F bzw. Devil Inside nach einer effektiven Unterrichtseinheit. Foto: Privat
Dann ging es los. Erstes Paar in der Bahn waren Marianne Achterberg und ihre Action-Breaker-Tochter Havanna Balia. Die ist abstammungsgemäß eigentlich eher im Parcours zuhause, hat aber auch schon Schleifen in Dressurprüfungen der Klasse A gewonnen. Was die Richter ihr am häufigsten ankreiden, sei allerdings fehlender Ausdruck, berichtete Achterberg. Dieses Wort ist im Dressursport zum Reizwort geworden. Zu recht, denn falsch erzeugter „Ausdruck“ ist nichts anderes als ein verspanntes Pferd. Gewünschter Ausdruck war also das, was Karin Lührs mit ihrer Schülerin erarbeiten wollte. Das Ziel war es, Havanna Balia durch halbe Paraden durchlässiger und geschlossener zu bekommen, so dass sie aktiver ab- und unterfußen kann. Das hat hervorragend funktioniert. Die Stute wurde immer schwungvoller und richtete sich durch die Arbeit von hinten nach vorne zunehmend besser relativ auf. Das tat dem Gesamtbild gut! Am Ende waren Reiterin und Pferd gleichermaßen zufrieden mit dem Ergebnis der Unterrichtseinheit.
Dann waren Kira Schröder und ihr Haflingerwallach Boytano an der Reihe. Die beiden kennen sich schon seit 12 Jahren – genauso lange, wie Boytano alt ist. Er war der Preis auf einer Fohlenschau und Kira die Glückliche, die ihn gewonnen hat. Sie hat ihn selbst ausgebildet. Das Problem der beiden: Boytano hat rassetypisch einen sehr kräftigen Hals. Dadurch wirkt er in der Ganasche immer etwas undurchlässig. Da die Durchlässigkeit des Genicks auch mit der Maultätigkeit zusammenhängt, nahm Karin Lührs die Zügel zunächst von unten in die Hand und regte Boytano zum Kauen an. Danach arbeitete sie mit Kira daran, wie sie Boytano unter dem Sattel nachgiebiger im Genick werden lassen kann. Das Geheimnis ist hier die feine Abstimmung der treibenden Schenkel- mit den Zügelhilfen. Kira konnte die Tipps mit ihrer feinen Hand sofort umsetzen, ohne ins Ziehen zu kommen, was essenziell ist. Im Ergebnis wurde Boytano geschlossener und durchlässiger.
Devil Inside H heißt zwar so, ist aber überhaupt nicht teuflisch, sondern hoch sensibel. Er gehört einer Schülerin von Karin Lührs, Lynn Schierloh. Zusammen sind die beiden platziert in der Klasse A. Der Kleinpferdewallach verfügt über eine aufwändige Mechanik in den Bewegungen und wird schnell „heiß“. So auch an diesem Tag. Er war angespannt, die Rückentätigkeit litt. Für die Anwesenden war dies ein anschauliches Beispiel, wie man mit einer solchen Situation umgehen kann. Durch Übergänge, Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen und wieder aufnehmen löste sich die verspannte Rückenmuskulatur, so dass gegen Ende der Einheit ein schöner versammelter Galopp inklusive Außengaloppreprisen möglich war. Für den Reiter sind solche Situationen eine große Herausforderung. Lynn Schierloh gelang es an diesem Tag sehr gut, ihren Hilfeneinsatz genau richtig zu dosieren und ausreichend flexibel mit den Zügelhilfen zu reagieren. So entspannte Devil Inside sich mehr und mehr und fasste Vertrauen.
Arbeit auf M-Niveau und höher
Nach einer Pause, in der die Familie Loop in einer konzertierten Aktion alle Anwesenden aufs Beste verköstigte (Danke dafür, das war super!) ging es weiter in die höheren Klassen. Dr. Friederike Achterberg arbeitet mit ihrer elfjährigen Stute Carolina F an den Lektionen der Klasse M. In L sind sie bereits mehrfach platziert. Carolina ist aufgrund ihrer körperlichen Voraussetzungen mit einer etwas geraden Oberlinie eigentlich kein ideales Dressurpferd. Aber sie auch das Paradebeispiel dafür, wie jedes Pferd von der Gymnastizierung im Rahmen der klassischen Ausbildung profitiert. So zeigte sie sich an diesem Tag sehr durchlässig, willig und bereits lektionssicher auf dem Weg in die Klasse M. Hier geht es aber nicht nur um die Lektionen wie Traversalen und fliegende Wechsel, sondern vor allem auch um den gesteigerten Grad der Versammlung und der relativen Aufrichtung. So arbeitete auch Dr. Achterberg immer wieder daran, ihre Stute von hinten heranzuschließen, vor die treibenden Hilfen zu bekommen und sie noch mehr dazu zu bringen, sich selbst zu tragen. Im Ergebnis zeigte sie sich tatsächlich in der Bergauftendenz verbessert und (noch) feiner in der Anlehnung.
Bereits S-platziert ist der Schecke Camar Gabun von Isa Lindemann-Treptau. Die Pferdewirtschaftsmeisterin betreibt in Bad Oldesloe einen Ausbildungsstall mit Kinderreitschule. Sie züchtet auch, überwiegend Trakehner und Araber – Edelblut, das auch Camar Gabun in seiner Erscheinung nicht leugnen kann. Auch wenn der Hengst bereits S-platziert ist, ist bei ihm gerade die Arbeit an der Basis der Skala der Ausbildung wichtig. Er ist ein Pferd, das die hohe Aufrichtung von sich aus anbietet, so dass seine Reiterin immer wieder die Dehnungsbereitschaft abprüfen und verbessern muss. Die gymnastizierende Arbeit bei ihm besteht vor allem aus einem Wechsel zwischen Seitengängen und vielen Übergängen innerhalb der Gangarten in Trab und Galopp.
Fazit
Die Teilnehmer des Seminars haben sich aktiv in die Lehrstunden eingebracht und Dieter Stut, Vorsitzender der Persönlichen Mitglieder (PM) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) war als Veranstalter voll des Lobes für die Reiter und auch die Ausbilderin, der es gelang, Reiter wie Pferde dort abzuholen, wo sie stehen, und davon ausgehend individuell zu verbessern. Ein lehrreicher Tag für alle Anwesenden!