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Der Reit- und Rennverein Walldorf war am vergangenen Wochenende Gastgeber eines großen Dressurturniers. Und zwar eines besonderen Turniers, denn die Reiter konnten nicht nur Schleifen gewinnen, sondern dazu gleich zwei besondere Auszeichnungen.
Zum einen wurde der erste Xenophon-Sonderehrenpreis für pferdegerechtes Abreiten in 2025 vergeben. Darüber freute sich ganz besonders der 24-jährige Maximilian Keller, der auch schon Erfolge bis Klasse S*** vorweisen kann. In Walldorf stellte er die achtjährige Oldenburger Stute Feine Lady FF (für Züchter Fred Fleming und die Besitzer, BG Fauth & Fleming) in einer Dressurprüfung Klasse S für sieben- bis neunjährige Pferde vor. Seit drei Jahren hat Keller Feine Lady FF unter dem Sattel und sie seither von den ersten L-Platzierungen bis zur Klasse S gefördert.
Ausgewählt wurde der Preisträger von Richterin Angelika Möllmann zusammen mit der Walldorfer Reitlehrerin Alexandra Kappes. „Maximilian zeichnete sich in der Vorbereitung nicht nur durch seinen hervorragenden Sitz aus, sondern vor allem durch die Zugewandtheit seinem Pferd gegenüber“, lobte Pferdewirtschaftsmeisterin Kappes. „Er hat alles so gemacht, wie man es sich vorstellt – das Pferd in Ruhe gelöst, Übergänge geritten, immer wieder gelobt, dann eine Schrittpause gemacht, ehe es in die Arbeitsphase ging. Nach der Prüfung hat er die Stute vorwärts-abwärts gedehnt abgetrabt, ist dann noch in Ruhe Schritt geritten, ehe er die Bahn verließ.“
Vor dem Verladen hatte Keller sogar noch schnell die Zöpfe seines Pferdes gelöst, ahnend, dass er nicht mehr unter den Platzierten sein würde. Umso größer war zuerst die Überraschung und dann die Freude, als eine Helferin der Gastgeber ihn bat, doch noch mit zur Platzierung zu kommen. Hier wurde ihm dann die Xenophon-Abschwitzdecke überreicht. Ein Preis, der ihm womöglich noch mehr bedeutet hat, als es eine Schleife getan hätte.
Harmony Award
Pferdegerechtes Reiten und Ausbilden ist das, was der Pferdewirtschaftsmeisterin und Bewegungstrainerin Alexandra Kappes am meisten am Herzen liegt – ebenso wie Xenophon. Nicht immer nur zu kritisieren was schlecht ist, sondern auch zu loben, was gut ist, war darum auch für sie der leitende Gedanke, der dazu geführt hat, besonders harmonisches Miteinander mit dem Pferd hervorheben zu wollen. Bei Xenophon wurde daraus die Idee für den Preis für pferdegerechtes Abreiten. Alexandra Kappes hat sich entschieden, bei „ihrem“ Turnier einen „Harmony Award“ für pferdegerechtes Reiten in der Prüfung zu vergeben, und zwar in einem Prix St. Georges für Amateure.
Da mag man sich nun wundern, dass die Erfüllung der Kriterien der Skala der Ausbildung doch schon von den Richtern beurteilt werden sollte. Doch wie Alexandra Kappes erklärt: „Die Richter müssen bewerten, was sie in diesem Moment, an diesem Tag sehen. Da kann es sein, dass ein Pferd einen schlechten Tag hat, technische Fehler passieren etc., was eine bessere Bewertung verhindert. Trotzdem kann der Reiter derjenige sein, der am feinsten geritten ist. Das möchte ich belohnen.“
So war es denn auch nicht das Siegerpaar der Prüfung, das den Preis erhielt, sondern die Reiterin auf Rang vier, Anna Katharina Pertack im Sattel ihres Quadroneur-Sohnes Quintus. Dem 14-jährigen DSP-Wallach war die Walldorfer Halle wohl nicht ganz geheuer, jedenfalls sei er recht „guckig“ gewesen, berichtet Alexandra Kappes, die zusammen mit Angelika Möllmann die Jury für die Vergabe des Preises bildete. Aber genau in dieser Situation sei die Reiterin besonders einfühlsam auf ihr Pferd eingegangen, so Kappes. „Sie hat das mit viel Ruhe und Konzentration gelöst“, beschreibt die Reitlehrerin. In ihrem Kommentar sprach Angelika Möllmann zudem von einer „fein einwirkenden, geschmeidig sitzenden Reiterin“. Die Handhaltung hätte man sich „etwas schöner“ gewünscht, aber der partnerschaftliche Umgang mit dem Pferd habe gestimmt. Die beiden seien ein Paar gewesen, dem man gerne zugeschaut hat. Alles in allem also eine würdige erste Preisträgerin.
Übrigens hat die zweiköpfige Jury nicht nur diesen, sondern alle Ritte kommentiert – etwas, was vor allem bei den Zuschauern sehr gut ankam, aber auch bei den Reitern. „Uns war es wichtig, eine positive Ansprache zu wählen, aber den Reitern trotzdem etwas mit auf den Weg zu geben“, erklärt Kappes ihr Vorgehen. Vom Publikum kam explizit die Rückmeldung, dass sie an diesem Tag „richtig was gelernt“ haben. Das ist ganz im Sinne der Erfinderin des Preises. „Das finde ich für die Akzeptanz unseres Sports in der Bevölkerung ganz richtig“, so Kappes.
Derzeit gibt es Gespräche über eine Etablierung des Harmony Preises. Fest steht jedenfalls: Der Xenophon Sonderehrenpreis für pferdegerechtes Abreiten bleibt.