Wir alle haben das Video nicht gesehen, das angehende Pferdewirtschaftsmeister im Rahmen eines Lehrgangs an der Deutschen Reitschule Warendorf von Trainingsmethoden der ehemaligen Landstallmeisterin des angegliederten Landgestüts NRW gemacht haben. Doch man darf davon ausgehen, dass die FN die Aufnahmen nicht ohne Grund als „nicht pferdegerecht“ eingestuft hat.

Dass Kristina Ankerhold, die ja als Leiterin einer staatlichen Pferdezuchteinrichtung eine besondere Vorbildfunktion und auch Verantwortung hat(te) – schließlich ist es der Steuerzahler, der sie, die Pferde und die Einrichtung bezahlt –, nun ihren Hut nehmen musste, ist dem Mut dieser jungen Berufsreiter zu verdanken. Sie haben nicht weggesehen. Sie haben Know-how und Schneid bewiesen, dass sie die Geschehnisse gefilmt und den richtigen Stellen übergeben haben. Sie hatten dabei die Unterstützung der Lehrgangsleiterin, einer FN-Mitarbeiterin, die sich hinter die Pferdewirtschaftsmeister in spe gestellt hat. Wir finden, das verdient große Anerkennung für alle Beteiligten! Schließlich befanden sie sich in mehrfacher Hinsicht in einer Ausnahmesituation – die Geschehnisse ereigneten sich schließlich sozusagen auf Ankerholds Hoheitsgebiet und obwohl es sich „nur“ um einen Lehrgang gehandelt hat, dürfte es für die Teilnehmer eine angespannte Situation gewesen sein. Es geht bei solchen Vorbereitungslehrgängen ja um ihre berufliche Zukunft.

Apropos Zukunft – dass die Pferdewirte hier gehandelt haben, freut uns vor allem im Sinne der Pferde. Und zwar nicht nur derjenigen, die unmittelbar involviert waren, sondern auch all jener, die von jener Generation ausgebildet werden wird. Viel zu häufig wurden in der Vergangenheit die Augen zugemacht, wenn es hinter verschlossenen Türen „zur Sache“ ging. Das muss ein Ende haben!

Turniererfolge sind für Profis berufsrelevant!

Dazu tragen mehrere Faktoren bei. Zum einen natürlich das erwähnte Know-how. Aber es braucht auch Charakterstärke, um die Zivilcourage aufzubringen, sich für die Schwachen, hier also die Pferde, stark zu machen. Das kann bei Berufsreiter auf die eigenen Kosten gehen. Denn so oft die pferdegerechte Ausbildung, die sich an der individuellen Entwicklung eines jeden Tieres orientieren soll, während der Ausbildung auch gelehrt und gelernt wird – in der Praxis geht es für einen Berufsreiter darum, Geld zu verdienen. Und nicht alle seine Kunden sind bereit, ihren Pferden die Zeit zu geben, die sie bräuchten, um in die an sie gestellten Anforderungen hineinzuwachsen. Da hat der Ausbilder dann die Wahl: die fürs Pferd unschöne Abkürzung nehmen oder seinen Prinzipien treu bleiben und den Kunden verlieren – in der Gewissheit, dass ein anderer Kollege wahrscheinlich weniger Skrupel hat. Als Außenstehender lässt sich leicht sagen, welche Entscheidung man treffen würde. Aber hier geht es um Existenzen. Und Turniererfolge sind für die Karriere eines Berufsreiters nun mal von entscheidender Bedeutung.

Damit sind wir bei Faktor Nummer drei in Sachen bessere Pferdewelt – Turniererfolge. Die sind in der Dressur nun mal abhängig von Wertnoten, die von Richtern gegeben werden, die ein subjektives Urteil fällen. Sie haben es mit ihrer Notengebung in der Hand, „Abkürzungen“ in der Ausbildung zu ahnden. Denn eines ist gewiss: Ein guter Reiter kann Kompromisse in der klassischen Ausbildung bei seinem Pferd in einer Prüfungssituation womöglich kaschieren, ein guter Richter erkennt sie aber trotzdem und hat die Pflicht und die Verantwortung gegenüber dem Pferd, sie auch zu ahnden. Nur so wird auf Dauer der tiefere Sinn dressurmäßiger Ausbildung gewahrt.

Die Verantwortung der Offiziellen beschränkt sich aber natürlich nicht nur auf den Dressursport. Landauf, landab sieht man in Springpferdeprüfungen Youngster, die sich in Gewaltsätzen über die Hindernisse schrauben. In den allermeisten Fällen sind es nicht außergewöhnliches Talent und besondere Vorsicht, die dazu führen, sondern Manipulation von unten. Wer hier als Richter nicht einschreitet bzw. das auch noch mit hohen Noten belohnt, versündigt sich an der Kreatur.