Bei der Generalversammlung des Weltreiterverbands (FEI) in Montevideo, Uruguay, wurde unter anderem darüber abgestimmt, ob die Schlussnoten in Dressuraufgaben, also die so genannten „Collective Marks“ erhalten bleiben sollen. Das Ergebnis war ernüchternd: Bis auf fünf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen waren alle nationalen Verbände für die Abschaffung mit Ausnahme der Note für Sitz und Einwirkung des Reiter. Doch die fürs Pferd, also Gehorsam und Durchlässigkeit, Reinheit der Gänge, Schwung und Elastizität, fallen künftig weg.

Übersicht Protokolle in der Dressur

Umfangreiche Diskussionen um die Fußnoten

Diskutiert wurde das schon länger. Im Vorfeld der FEI-Generalversammlung hatte die „Dressage Judges Working Group“ die Meinungen der nationalen Verbände zu verschiedenen Vorschlägen eingeholt, die in Montevideo auf der Tagesordnung stehen, darunter die Frage nach dem so genannten HiLo-Drop-Verfahren (das von so gut wie allen Verbänden, bis auf dem der Niederlande abgelehnt wurde) und eben die Sache mit den Schlussnoten (man kann alle Reaktionen hier einsehen). Hier gingen die Meinungen auseinander. Der Internationale Dressurreiterclub (IDRC) war beispielsweise dafür mit der Begründung, dass die Kriterien, die in den Schlussnoten bewertet werden, ja bereits in jede einzelne Note einfließen, die während der Aufgabe gegeben wird. Andere Verbände, so beispielsweise auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN), hielten dagegen, dass die Schlussnoten den Richtern Gelegenheit geben, ihren Gesamteindruck von Ausbildung und Gerittensein des Pferdes noch einmal zusammenzufassen.

Xenophon steht in diesem Punkt voll und ganz auf der Seite der FN. Wenn die Schlussnoten gestrichen werden, kann es passieren, dass ein Paar hoch bewertet wird, weil das Pferd die Lektionen zwar technisch einwandfrei absolviert, jedoch mechanisch und ohne dabei reell durch den Körper zu arbeiten. Sicher sollte das schon in den Einzelnoten berücksichtigt werden. Doch die Realität sieht anders aus. Durch die Fußnoten konnten die Richter auch noch einmal verdeutlichen, dass sie keine Spannungstritte sehen wollen, sondern reelle Fußfolgen durch ein losgelassenes Schwingen. Und durch den Koeffizienten 2 hatten diese Kriterien auch die Gewichtung, die ihnen zusteht. Denn sie sind die Grundlage für tierschutzgerechten Sport.

Bundestrainerin Monica Thedorescu hatte schon im Vorfeld der Generalversammlung ihre diesbezüglichen Bedenken gegenüber dem Internationalen Dressurtrainerclub (IDTC) geäußert: „Die Fußnoten sind essentiell wichtig, um die Wertigkeit der Grundsätze des Dressursports zu unterstreichen. Der Richter hatte so die Möglichkeit, das Augenmerk des Reiters auf grundlegend Positives wie Negatives zu richten. Sei es die Reinheit der Gänge, die Losgelassenheit, Anlehnung, Aktivität der Hinterhand und vieles mehr. Ich hoffe nicht, dass wir durch diese Veränderung wieder mehr Pferde sehen werden, denen es an Losgelassenheit und natürlicher Ausstrahlung fehlt.“

Weg von harmonischen Vorstellungen, hin zu Gestrampel?

Doch genau das wird der Fall sein, befürchten wir. Dieser Schritt geht in die verkehrte Richtung. Die Charlotte Dujardin/Valegro- und Helen Langehanenberg/Damon Hill-Ära hatte ein neues Zeitalter in der Dressur eingeläutet, zurück zur Harmonie, weg von spektakulärem Spannungsgestrampel bzw. -getrampel. Wir fürchten, dass nun wieder die Showreiterei die Oberhand gewinnen wird. Das ist in erster Konsequenz dramatisch für die Pferde und in zweiter Konsequenz auf lange Sicht das völlig falsche Signal an die Öffentlichkeit. Die Richter sind nun mehr denn je gefordert, schlechte Reiterei in jeder einzelnen Note abzustrafen. Ob das klappt, ist fraglich. Und nun fallen auch noch die Fußnoten als mögliches Korrektiv weg. Hier konnten die Richter noch einmal unterstreichen, dass beispielsweise durchgehende Taktfehler in einer Grundgangart nicht nur in der einzelnen Lektion die Note beeinträchtigen, sondern dass sie einen essenziellen Ausbildungsmangel demonstrieren.

„Dass diese Gewichtung wegfällt, ist aus unserer Sicht eine Katastrophe für den Sport, die Wasser auf die Mühlen für diejenigen ist, die ohnehin der Ansicht sind, die klassische Ausbildung sei längst überholt. Auf diese Art und Weise wird der Dressursport zum Dressiersport verkommen“, betont Susanne Ridderbusch, 1. Vorsitzende von Xenophon e.V.. „Dann dauert es nicht mehr lange, und wir müssen uns dafür rechtfertigen, dass wir es überhaupt wagen, Pferde zu reiten. Denn die vermeintlichen Tierschützer wie PETA & Co. werden die zu erwartenden negativen Entwicklungen des Sports für ihre Zwecke zu nutzen wissen. Wir appellieren daher dringend an den Weltreiterverband FEI, diesen Punkt noch einmal zu überdenken!“